Beitrag 1 von Ildikó von Kürthy

Schreiben wir gemeinsam! Über die Hoffnung.

Manchmal kommt mir Hoffnung vor, wie ein lächerlicher Hemmschuh, von dem uns zu befreien wir zu feige sind oder zu schwach. Wie viele Menschen verharren in dysfunktionalen Beziehungen, beruflich und privat, weil sie sich einreden oder einreden lassen, es gäbe Grund zur Hoffnung auf eine baldige Veränderung? Falsche Hoffnung. Scheiß Hoffnung. Eigentlich ist es jammerschade, dass die Hoffnung zuletzt stirbt. Solange du hoffst, kannst du nicht neu anfangen. Hoffnung ist eine schreckliche Klette, ein wucherndes Unkraut, nicht totzukriegen und immer allem im Weg, was nachwachsen könnte. 

Andererseits: Hoffnung kann heilen, retten, unerträgliches erträglich machen. Würde meine Freundin Jutta noch leben, wenn sie die Hoffnung aufgegeben und an die Statistik geglaubt hätte, die ihr eine Überlebenswahrscheinlichkeit von unter einem Prozent prophezeite?

Beitrag 2

Autor: Claudia Vogt

Teile des Weges

Im Innehalten einzukehren,
mich Akzeptanz und Demut lehren
und damit wieder rauszugeh´n,
das macht mir heut´ das Leben schön.

Es nicht verstehen mit Gedanken,
und dennoch daraus Kraft zu tanken;
dem Wesentlichen zu vertrau´n,
auf diesem Grunde fest zu bau´n.

Worte nicht zu sehr zu bemühen,
Erkenntnisse nicht zu verfrühen:
Es ist und bleibet ein Prozess,
ich hoff´, dass ich das nicht vergess´.

Im Glauben an den großen Sinn
geb ich mich diesem Leben hin;
mal neugierig und unverzagt,
mal müde und umsonst gewagt.

Das alles sind des Weges Teile,
jeder zu seiner eig´nen Weile.
So üb´ich mich im Hier und Jetzt,
und denk: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Kommentar von Ildikó von Kürthy

Liebe Claudia!

Hab Dank für Dein Gedicht

So gut reimen kann ich nicht

Aber alle Deine Zeilen

Laden ein, um zu verweilen

Und darüber nachzudenken

Wie wir unsere Geschicke lenken.


Herzlich! Ildikó

Beitrag 3

Autor: Andreas S.

Liebe Ildiko,
nun ist es auf Deiner Homepage ein wenig wie in Sofies Welt,
jeden Tag ein philosophisch angehauchter Brief.

Ich fuhr mit meiner schweren alten Limousine,
gemütlich die Windungen des Flusstals entlang.
Die Sonne scheint, und ich höre handverlesenen Blues,
das Leben läuft gut, so wie mein Youngtimer,
dessen Chromstern sich im Lack spiegelt.
Ich kann einfach die ganzen neuen Autos nicht leiden,
und beim fahren will ich die Motorhaube sehen,
wahrscheinlich habe ich als Kind zuviel mit Spielzeugautos gespielt.

Dann kam ich an meiner alten Stadt vorbei,
und wie eine Einladung für eine Zeitreise,
war da diese lange, freie Parkbucht.

Ich ging den altbekannten Fußweg hinauf zum Marktplatz,
an der Seite die schöne Stadtmauer,
und immer wieder dazwischen verschiedene Gartentörchen,
aus verwittertem Holz, bunt gestrichen, Edelstahl, geschmiedet aus Eisen,
rostig, gerade oder windschief.
So unterschiedlich wie die Törchen, waren auch die Gärten,
und bestimmt die Menschen mit Ihren Lebensgeschichten.
Augenscheinlich verwilderte Gärten haben einen besonderen Charme,
ein von Efeu überwuchertes Tor,
das schon lange nicht mehr geöffnet wurde,
aber weit hinten, zwischen dem Unkraut blühen noch die Rosen vom Vorjahr.

Ich legte meine Hand an die Mauer,
die Steine waren noch warm von der Sommerhitze,
und als ob dies alles nicht schon schön genug war,
tauchte die Abendsonne alles noch in warmes Licht.
Dann sah ich in einer Mauerritze eine kleine gelbe Blüte,
winzig war das Blümchen, aber riesig die Wirkung auf mich.
Wie doch die Natur jeden noch so kargen Platz,
ohne zu klagen mit Leben erfüllt.
Und es kam es mir sogleich in den Sinn,
sollte ich selbst nicht auch etwas hoffnungsvoller sein,
und das beste aus jeder Situation machen.
Gewiss, nur die Hoffnung allein genügt nicht,
man muss sich auch seinen Platz erkämpfen
– so wie die kleine, großartigen Blume.

Kommentar von Ildikó von Kürthy

Lieber Andreas!

Wie schön wieder von Dir zu lesen - und sofort fühle ich mich in den Garten der Hoffnung versetzt. Das tut so gut in diesen seltsamen und schweren Zeiten, in denen es nicht immer leicht ist, die Zuversicht und die Hoffnung zu bewahren. Danke für das kleine Blümchen und den damit verbundenen Hoffnungsschimmer!

Deine

Ildikó

Beitrag 4

Autor: Claudia aus Berlin

Liebe Ildikó,

Hoffnung ist auch so ein Gefühl, welches ich wohl von Beginn meines Lebens an hatte. Nur hofft man als Kind wohl auf anderes als in späteren Jahren.

Ohne die Hoffnung wäre das Leben wohl ziemlich beklemmend. Es ist doch immer die Hoffnung, die uns hilft, weiterzumachen, wenn es mal schwierig wird. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass Angst und Hoffnung zusammengehören und stets in schwierigen Lebenssituationen anklopfen.

Da ist zuerst die Angst, diesmal nicht den richtigen Abzweig im Irrgarten des Lebens zu finden, und dann setzt sich doch die Hoffnung durch, dass es am Ende gelingt, auch wenn das Ziel zunächst unerreichbar scheint und zwischendrin die Kräfte schwinden.

Hoffnung ist wertvoll, weil sie uns über die Klippen des Lebens hilft, wenn wir schon aufgeben wollen.

Kommentar von Ildikó von Kürthy

Danke, liebe Claudia für Deinen Hoffnung schenkenden Text und herzliche Grüße!

Ildikó

Beitrag 5

Autor: Silvia S.

Liebe Ildikó, 

Ich möchte mich an dieser Stelle für das Tagebuch bedanken, dass ich mir selbst als Weihnachtsgeschenk in meine Lieblingsbuchhandlung bestellt hatte, nachdem ich in einem Podcast mit dir darauf aufmerksam wurde... Das ein und andere Buch von dir hat mich in den 20er und 30ern begleitet, zum Tränen lachen gebracht, oder mir die ein und andere "Problemzone" erleichtert... 
Jetzt in den 40ern fand das Tagebuch zu mir - und erst nach ein paar Monaten öffnete ich es und begann darin zu schreiben. 
Es war Zeit geworden. - Hoffe Immer. - Diese zwei Worte haben mich durch die bislang schwierigste aber auch lehrreichste Phase meines Lebens getragen.
Und das Tagebuch zum Lachen, Klagen und Klüger werden. Ich begann am Tag nach meinem Arztbesuch darin zu schreiben - um für mich selbst die unfassbare Traurigkeit und Ohnmacht in Worte zu fassen, aus mir rauszuschreiben - und doch in gewisser Weise auch "festzuhalten" - um sie später beweisen zu können. 
Jetzt, nach über 200 gefüllten Seiten und einer deutlichen Verbesserung meines seelischen Zustandes, wird es Zeit mich zu bedanken. 
Es wird Zeit darüber nachzudenken ob ich nicht einfach weiterschreibe, weil es so gut getan hat! 

Alles Liebe und Danke für die schönen Bücher, Posts, Podcasts...

Kommentar von Ildikó von Kürthy

Liebe Silvia,

danke, dass mein Tagebuch Dich auf Deinem schweren Weg begleiten durfte! Schreib weiter, lass uns zusammenbleiben, durch dick und dünn!

Ich wünsche Dir alles, alles Gute und danke Dir für Deine ermutigenden Zeilen!

Deine

Ildikó


Beitrag 6

Autor: Esther Wiederhold

Das Wort "Hoffnung" ist häufig positiv besetzt, eine Art "frohe Erwartung". Für mich ist Hoffnung vor allem ein "Festhalten" an einer Situation, von der man sich erhofft, dass sie sich irgendwann bessert. Es kann gut sein, sich für den Ausgang von Prüfungen oder schwierigen Situationen ein gutes Ergebnis zu erhoffen. Man geht dann sehr positiv an etwas ran und die Hoffnung hilft, Dinge oder auch sich selbst nicht aufzugeben. Viele Menschen zerbrechen aber auch an ihrer Hoffnung. Sie verlieren Jahr um Jahr in der Hoffnung, etwas oder jemand würde sich ändern. Es sind die Starken dieser Welt, die Positivdenker, die nie aufhören zu hoffen, die sich nicht eingestehen wollen, die nicht aufgeben wollen. Es gibt Millionen Paargeschichten, in der die Frau oder der Mann über 20 Jahre hoffte, es würde sich in ihrer Situation etwas ändern. Hoffnung kann auch ein Fluch sein. Bei schweren Krankheiten kann Hoffnung helfen, die Hoffnung immer an das Gute zu glauben, ist sicherlich hilfreicher für die Gesundung eines Menschen als ohne Hoffnung auf Besserung zu sein. Hoffnung als Vorfreude auf ein gutes Gelingen. "Freu dich nicht zu früh!", würde man raten. Warum? Weil Hoffnung impliziert, dass die Enttäuschung umso größer ist, je mehr man gehofft hat. Meine Erkenntnisse und Erfahrungen als "ewig Hoffende" sind folgende: Irgendwann ist es gut, irgendwann reicht es. Wenn sich alle Hoffnungen nicht erfüllen und dies ein dauerhafter Zustand ist (Ausnahme bildet Gesundheit und Krankheit), sollte man die Wahrheit akzeptieren und sich nicht länger mit Hoffnung dagegen wehren. Sie verdient dann den Dolchstoß mit allen Konsequenzen. L.G.

Kommentar von Ildikó von Kürthy

Danke, liebe Esther, Du hast so Recht, wenn Du schreibst: "Hoffnung kann ein Fluch sein."

Die Kunst ist, herauszufinden, wann man lange genug gehofft hat und wann es an der  Zeit ist, loszulassen. Dabei wünsche ich uns allen guten Gelingen!

Herzlich!


Ildikó